Chronik

1. Vorbemerkung

2. Eine unabhängige politische Bürger-Initiative mischt sich ein

3. Gründung und Namensgebung der neuen Wählergruppe

4. Erste Kommunalwahl-Beteiligung (10.3.1985)

5. Die politische Kärrnerarbeit

6. „Außerparlamentarische“ Aktivitäten

7. Selbstverständnis der WGN und Grundlage ihrer kommunalpolitischen Arbeit

 

1. Vorbemerkung

Die vorliegende Chronik umfasst den Zeitraum von der Gründung der Wähler-Gemeinschaft Niedernhausen (WGN) im Jahr 1984 bis heute. In dieser Zeit hat die WGN über 25 Jahre aktiv an der kommunalpolitischen Arbeit in allen Gemeindegremien und in delegierten Funktionen (für Verbände, Kommissionen usw.) mitgewirkt. Einzelne Mitglieder und/oder Mandatsträger haben sich darüber hinaus auch bei ehrenamtlichen Projekten bzw. Aktivitäten – meist gemeinnütziger Art – zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger ihrer Heimatgemeinde engagiert. Zum Teil sind sie über diese Aktivitäten auch zur WGN gestoßen. Zur Kommunalwahl 2001 für die Wahlperiode 2001-2006 trat die WGN mangels ausreichender personeller Kapazitäten nicht an. Seit 2006 ist sie, da neue Mitstreiter/innen gewonnen werden konnten, wieder in allen Gemeindegremien vertreten, um erneut aktiv zu einer positiven Entwicklung der Gesamtgemeinde Niedernhausen beizutragen. Die Chronik zu über 25 Jahren aktiver Arbeit ist der Hintergrund, auf dem die künftige Arbeit der WGN aufbaut.

 

2. Eine unabhängige politische Bürger-Initiative mischt sich ein

Warum sollte man eine neue politische Kraft gründen? Die Zeit war 1984 mehr als reif dafür: Die Gemeindepolitik war geprägt von heftigen Streitigkeiten zwischen der mit absoluter Mehrheit (56,5%) dominierenden CDU und der dagegen fast machtlosen Opposition von SPD und FDP. Entsprechender Frust verschärfte die Auseinandersetzungen und brachte Niedernhausen in meist negative Presseschlagzeilen. Außerdem hatte die CDU und ihr Bürgermeister Klaus Ehrhart das aus damaliger Sicht riskante und umstrittene Baugebiet am Schäfersberg geplant und noch kurz vor der Kommunalwahl 1985 rechtskräftig werden lassen, wogegen sich auch massiver Bürgerprotest – u.a. auch von WGN-Mitbegründern – erhob.

Dieser verfahrenen Situation wollten die WGN-Gründer nicht weiter tatenlos zusehen. „Nicht nur meckern, sondern selbst aktiv werden, um die negativen Zustände positiv zu verändern“ – nach dieser Devise überlegten immer mehr unzufriedene Bürgerinnen und Bürger, sich selbst durch Gründung neuer politischer Gruppierungen einzumischen. So wurden 1984 etwa zeitgleich unsere unabhängige Wählergruppe und ein Ortsverband Niedernhausen der Partei Die Grünen gegründet.

 

3. Gründung und Namensgebung der neuen Wählergruppe

Am 23. November 1984 wurde die Wähler-Gemeinschaft Niedernhausen (WGN) im Clubraum des Gemeinschaftszentrums Oberjosbach als freie und unabhängige Wählergruppe gegründet. Dazu eingeladen hatte Dr. Herbert Porrmann, der zunächst den Namen Bürgergemeinschaft Umwelt (BGU) für diese Neugründung vorgeschlagen hatte. Die Diskussion in der Gründungsversammlung, an der 32 Bürgerinnen und Bürger der Gesamtgemeinde Niedernhausen teilnahmen, ergab aber, dass eine zu einseitige Festlegung auf das Thema Umwelt nicht gewünscht wurde, zumal man wusste, dass kurz vorher auch ein Ortsverband Niedernhausen der Partei Die Grünen gegründet worden war.

So wurde aus mehreren Namensvorschlägen schließlich der Name „Wähler-Gemeinschaft Niedernhausen (WGN)“ ausgewählt. Damit sollte sowohl der lokale Bezug als auch eine deutliche Abgrenzung zur ehemaligen Freien Wählergemeinschaft (FWG) Niedernhausen aufgezeigt werden, deren restliche Mitglieder nach Auflösung zum großen Teil in die CDU eingetreten waren.

15 der bei der Gründungsversammlung anwesenden Bürgerinnen und Bürger gründeten nunmehr die WGN, beschlossen eine Satzung und wählten einen Vorstand. Ein vorbereiteter Programmentwurf (für ein kurzes 10-Punkte-Programm als Leitlinie für das politische Handeln der WGN) wurde verteilt mit der Bitte um Durchsicht und der Ankündigung, dieses bei der nächsten Mitgliederversammlung zu verabschieden. Am Ende der Gründungsversammlung hatte die WGN bereits 17 Mitglieder. Am 26.11.1984 informierte der WGN-Vorstand den Gemeindevorstand Niedernhausen schriftlich über die Gründung und die Absicht, dass die WGN mit einem eigenen Wahlvorschlag zur Kommunalwahl 1985 antreten wolle.

 

4. Erste Kommunalwahlbeteiligung (10.3.1985)

Der ersten Wahlbeteiligung der WGN soll ein extra Abschnitt gewidmet werden, um festzuhalten, in welcher Situation die WGN an der Kommunalwahl 1985 teilnahm und einen bemerkenswerten Erfolg verbuchte.

Die Hintergrundsituation, die auch Anlass zur Gründung der WGN und eines Ortsverbandes der Partei Die Grünen gab, wurde eingangs dieses Kapitels bereits kurz skizziert. Dennoch war es ein wagemutiger Schritt, sich in so kurzer Zeit (von Ende November 1984 bis zum Wahltermin am 10.3.1985) in dieser Situation zur Teilnahme an einer Kommunalwahl mit allen erforderlichen bürokratischen Vorgaben zu entschließen: Einholung einer ausreichenden Zahl von Unterstützungsunterschriften, Kandidatensuche und Listenaufstellung für Gemeindevertretung und Ortsbeiräte, organisatorische Vorbereitung und Durchführung von Wahlveranstaltungen, Entwurf, Herstellung und Verteilung von Werbematerialien (Plakate, Handzettel), Pressearbeit usw. Dank dem außerordentlichen Engagement aller WGN-Aktiven wurde alles erfolgreich geschafft.

Dabei gab es von vielen Seiten – auch von interessierter parteipolitischer – viele Unkenrufe und Warnungen, die Wahlbeteiligung doch zu lassen, da sie angesichts der hohen 5 %-Hürde nicht erfolgreich sein könne und man doch lieber als Kandidat bei anderen Parteien einen sicheren Listenplatz bekommen könne.

Die Stimmenauszählung am Wahlabend brachte dann die faustdicke Überraschung: Die CDU verlor mit einem hessenweiten Spitzenverlust von 16,7 % der Stimmen klar ihre bisherige absolute Mehrheit. 25 % der Wählerinnen und Wähler hatten sich für die WGN (sensationelle 16,4 %) und Die Grünen (8,6 %) entschieden. Dafür mussten natürlich auch SPD und FDP Stimmenverluste hinnehmen. Sprachlosigkeit einerseits und Freude andererseits waren die Folge. Die politische Landschaft in Niedernhausen hatte sich total verändert: Auch ein Zeichen der großen Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit den bisherigen politischen Verhältnissen in ihrer Gemeinde.

 

5. Die politische Kärrnerarbeit

Die neu gewählten Mandatsträger der WGN gingen nun ohne besondere politischen Vorkenntnisse nur mit ihrem gesunden Menschenverstand „bewaffnet“ an ihre schwierige Arbeit. Die CDU stellte immer noch die stärkste Fraktion und beanspruchte demgemäß nach bisherigem politischen Brauch einige einflussreiche Positionen, um wie bisher die politische Arbeit in ihrem Sinne steuern zu können – so z.B. den Vorsitz in der Gemeindevertretung sowie im wichtigsten Ausschuss, dem Haupt- und Finanzausschuss (HFA). Da die CDU sich zu Zeiten ihrer absoluten Mehrheit bei ihren politischen Gegnern keine Freunde gemacht hatte, beschlossen alle anderen Fraktionen nun ein Zweckbündnis (keine Koalition!) – von der CDU „Allianz“ genannt – gegen den Wahlverlierer, um ihm die neue Realität deutlich zu machen.

So wurde ein Vertreter der kleinsten Fraktion, der FDP-Mann Dr. Peter Friederici, zum neuen Vorsitzenden der Gemeindevertretung und der WGN-Fraktionschef Dr. Peter Schauer zum Vorsitzenden des HFA gewählt. Dies beseitigte aber die politischen Fronten keineswegs: Der nach wie vor amtierende CDU-Bürgermeister widersprach etlichen Beschlüssen der Gemeindevertretung, weil sie angeblich das Wohl der Gemeinde gefährdeten oder verschleppte deren Umsetzung. Es gab mehrere Missbilligungsanträge und -beschlüsse, Rügen und sogar Klagen bzw. Prozesse zwischen Bürgermeister und Gemeindevertretung. Niedernhausen erhielt weiterhin negative Presseschlagzeilen, was die WGN eigentlich verhindern wollte. Anderes ließen die politischen Umstände und die handelnden Personen in dieser Zeit einfach nicht zu.

Die Akteure der WGN mussten sich in dieser turbulenten Anfangszeit ihrer parlamentarischen Arbeit mehr mit der Hessischen Gemeindeordnung (HGO), Gesetzen, Bestimmungen und Gerichtsurteilen auseinandersetzen, als ihnen lieb war. Hatten sie es als politische Neulinge doch auf der Gegenseite mit erfahrenen, teilweise „ausgebufften Profis“ der politischen Materie und des Verwaltungsrechts (hier insbesondere der Bürgermeister) zu tun. So legte sich mancher WGN-Mandatsträger sprichwörtlich die HGO nachts vor dem Einschlafen unter das Kopfkissen.

Etliche Beschlüsse zu WGN-Anträgen nicht umgesetzt oder verzögert

So verwundert es nicht, dass die Aktivitäten der WGN in dieser ersten Wahlperiode mehr auf die Kontrolle des Bürgermeisters und seiner Verwaltung sowie intensiver Einarbeitung in die kommunalpolitische Materie gerichtet waren, als auf kreative neue Vorschläge. Wurden diese doch vom Bürgermeister meist nicht umgesetzt oder verzögert, obwohl sie von der Gemeindevertretung – dem obersten Entscheidungsgremium der Gemeinde – einstimmig oder mehrheitlich beschlossen worden waren, so beispielsweise der Bau eines Gemeindekindergartens in Niederseelbach, der aufgrund eines Antrages der WGN im Ortsbeirat Niederseelbach vom 20.6.1985 initiiert und knapp neun Monate später am 13.3.1986 auch von der Gemeindevertretung einstimmig beschlossen wurde. Dennoch musste die WGN nach ständigen Verzögerungsmanövern am 21.1.1988 nochmals einen Dringlichkeitsantrag stellen, dass die Planungen zum Bau des Kindergartens Niederseelbach nunmehr schnellstmöglich voranzutreiben seien, der am 9.3.1988 von der Gemeindevertretung wiederum einstimmig beschlossen wurde. Wie zum Hohn ließ sich der Bürgermeister dann später beim ersten Spatenstich medienwirksam fotografieren.

Völlig blockiert wurden die Initiativen und Anträge der WGN zur Schaffung eines Jugendzentrums (erster Antrag von der WGN am 27.6.1985) sowie zur Umrüstung des Waldschwimmbades auf eine umweltfreundliche und wirtschaftliche Beheizung durch eine Solaranlage (WGN-Prüfantrag vom 10.10.1985 und Anmahnungsantrag vom 15.4.1988). Auch einer gemeinsamen Initiative der WGN mit SPD, FDP und den Grünen zum Anschluss des Ortsteils Engenhahn an das Niedernhausener Wassernetz (und damit eine bessere Wasserqualität als das Rheingauer Wasser auch für die Engenhahner) widersetzte sich Bürgermeister Ehrhart (CDU) so lange er konnte.

Ab 1989 lief es besser

Erst in der Wahlperiode 1989 – 1993 gelang es mit der Wahl eines neuen Bürgermeisters, diese Blockade aufzulösen und etliche dieser Vorhaben zu realisieren. Dann kamen in dieser und den nächsten Wahlperioden auch weitere Anträge zu wichtigen Themen von der WGN, denen die Gemeindevertretung mehrheitlich oder einstimmig zustimmte:

Zum Thema Bau z.B.

  • Aufstellung eines Bebauungsplans für den Ortskern Niedernhausen (1989), Änderung dieses Bebauungsplans (2007, gemeinsam mit CDU und FDP)

  • Änderung bzw. Aktualisierung aller Bebauungspläne der Ortsteile Niedernhausens (1993, 1997 gemeinsam mit CDU und FDP, 1998, 2000)

  • Grundstücksreservierungen im Baugebiet Schäfersberg für Niedernhausener BügerInnen (1989)

Zum Thema Verkehr z.B.

  • Einige Anträge zur ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse (Beteiligung am Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren; Klage; alternative Trassenführung; Defizitabdeckung der Prozesskosten für die Bürgerinitiative „Verkehrslärm bedroht Niedernhausen“ – letzteres gemeinsam mit allen Fraktionen außer der FDP(1989/90); Lärmschutz (1995/96)

  • Schaffung eines Zentralen Omnibus-Bahnhofs (ZOB) (1990)

Zum Thema Soziales z.B.

  • Einige Anträge zu Kindergärten ( 1985/86/88 Niederseelbach, 1992 Schäfersberg/Engenhahn, 1997 Zuschuss für TASIMU-Schülerhaus – WGN mit CDU und FDP)

  • Antragsinitiativen für ein Jugendzentrum (1985, 1997 – hier gemeinsam mit SPD und Grünen, 2000 Personalkostenzuschuss Leiterin Jugendzentrum – mit SPD)

  • Anträge zum Waldschwimmbad (1985/88 Umrüstung auf Solarbeheizung, 1990 Verbesserte Freizeitangebote, 1997/98/2008 zu Eintrittspreisen, 2006 Reduzierung der Energiekosten/Beckenabdeckung)

Zum Thema Energie z.B.

  • 1989 Energieeinsparungen bei der Straßenbeleuchtung, 1990 Niedrigenergiesiedlung Schäfersberg, 1991/2007 Künftige Energieversorgung, 1992 Elektrizitäts-Konzessionsabgabe

Zum Tema Finanzen z.B.

  • Permanente Initiativen zur sparsamen Haushaltsgestaltung (Kürzungsvorschläge zu den Haushaltsberatungen, Anträge Vorgaben zur Aufstellung künftiger Haushaltspläne – 2006 mit SPD und Grünen –, 2006 Beachtung von Folgekosten)

  • Verfügungsmittel für die Ortsbeiräte (1995)

  • Neuregelung der Friedhofsgebühren (2007)

Verschiedenes, z.B.

  • Initiativen und Anträge zur Lokalen Agenda 21 (1999-2001)

  • Beitritt der Gemeinde Niedernhausen zum interkommunalen Bündnis „Idsteiner Land“ (2006), zur Kooperation der Bauhöfe (2007) und zur Koordinierung der Ferienfreizeiten (2009)

Diese beispielhaft zusammenfassende Übersicht der Aktivitätenschwerpunkte zeigt schon die Breite der Aufgabenstellungen, derer sich die WGN zum Wohl der Gemeinde Niedernhausen sowie ihrer Bürgerinnen und Bürger annahm. Dabei war der Grundsatz, keine Koalitionen mit den Parteien einzugehen, dem Erfolg der Aktivitäten sowie dem allgemeinen politischen Klima in den Gemeindegremien sehr förderlich. Konnte doch so jede politische Gruppierung durch überzeugende Argumentation versuchen, eine Mehrheit für das eigene Anliegen zu gewinnen. Durch feste Koalitionen auf der Gegenseite wäre man häufig daran gehindert.

Die WGN betrachtet es als ihren Erfolg, zu diesem besseren politischen Klima entscheidend beigetragen zu haben. Die Richtigkeit dieser Feststellung erwies sich auch in der Wahlperiode 2001-2006, als die WGN nicht dabei war und sich das politische Klima (Koalition kontra Opposition) prompt wieder verschlechterte.

 

6. „Außerparlamentarische“ Aktivitäten

Nicht nur in den Gemeindegremien, auch außerparlamentarisch waren die Vertreter bzw. Mitglieder der WGN aktiv:

  • Die Herstellung des Videofilms „Es fehlt das Herz“ (28 Minuten Dauer) zum desolaten Zustand der Ortsmitte Niedernhausens, der bis in die Gegenwart noch nicht entscheidend verbessert werden konnte, sowie

  • die Erarbeitung der ersten (Taschen)Verkehrsfahrpläne für alle Verkehrsträger des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs, die Niedernhausen anfahren (Bus und Bahn). Nach einer „Testausgabe“ 1990/91 folgte noch eine reguläre Ausgabe 1991/92. Sie waren der Anstoß zu weiteren Fahrplänen, die zunächst die Gemeinde (nur für den innerörtlichen Ortsverkehr OVN) und später die Verkehrsträger selbst herausbrachten.

Auch die mehr oder minder regelmäßige Erarbeitung und Verteilung der „Niedernhausener Briefe“ zur Information der Einwohner Niedernhausens – kontinuierlich und nicht nur in Wahlkampfzeiten – war und ist ein Merkmal des Selbstverständnisses der kommunalpolitischen Arbeit der WGN. Auch über Bürgergespräche und eine eigene Internet-Homepage sucht die WGN immer wieder Kontakt zu ihren Mitbürgern.

 

7. Selbstverständnis der WGN und Grundzüge ihrer kommunalpolitischen Arbeit

Die WGN versteht sich als zweifaches Angebot: Einerseits an kritische, engagementbereite Mitbürgerinnen und Mitbürger, die außerhalb fester Parteistrukturen dazu beitragen wollen, ihre Heimatgemeinde insgesamt besser und zukunftsfähig zu gestalten. Andererseits an Wählerinnen und Wähler, die keine Affinität zu Parteien haben („parteiverdrossen“ sind) und denen hier mit einer politischen Bürgerinitiative ohne Parteicharakter eine akzeptable Alternative für Ihre Wahlentscheidung geboten werden soll – ehe sie gar nicht wählen gehen oder bei radikalen Parteien bzw. bunten Exoten mit oft seltsam anmutenden Zielen ihr Kreuz machen.

Die zunehmende Parteiverdrossenheit führt zu immer geringerer Wahlbereitschaft und damit ansteigenden Nichtwählerzahlen. Das ist gefährlich für unsere Demokratie, weil es generell ein Zeichen schwindenden Interesses an Politik und politischen Gremien sowie ihrer Arbeit ist. Damit steigt auch die Gefahr einer generellen Protesthaltung und der Wahl von extremistischen Parteien (wie 1993 der Republikaner in Niedernhausen). Vor diesem Hintergrund ist es umso schwieriger, Menschen für politische Engagements zu gewinnen. Das hat die WGN auch schmerzlich vor der Kommunalwahl 2001 zu spüren bekommen, als sie nicht mehr genug aktive Mitstreiter finden konnte, um eine gute Kandidatenliste zur Wahl anzubieten.

Da es auf kommunaler Ebene weniger auf Partei-Ideologien und übergeordnete Programme ankommt, sondern mehr auf konkrete und zukunftsfähige Gestaltung der öffentlichen Gemeinschaft, bietet die WGN als rein lokal aktive politische Bürgerinitiative eine gute Aktionsplattform für alle, die keine Parteibuchkarriere anstreben, sich nicht durch stringente zentrale Vorgaben von Bundes- oder Landesebene durch Parteiprogramme binden lassen wollen und die statt dessen mehr auf den gesunden Menschenverstand sowie eine offene Meinungs- und Diskussionskultur setzen.

Dementsprechend hat die WGN auch kein bis ins Letzte ausgefeiltes Programm, sondern eine Art „Rahmenrichtlinie“ in ihrem zweiseitigen 10-Punkte-Programm, das zwar gelegentlich einer leichten Überarbeitung bzw. Aktualisierung bedarf, insgesamt aber seit Gründung Basis der WGN-Arbeit ist.

Aufgrund fehlender Parteibücher und der Abhängigkeit einer Mitgliedschaft vom Wohnsitz Niedernhausen ist die Bindung an unsere Wählergemeinschaft auch nicht so ausgeprägt wie bei Parteien. Insofern ist eine Wählergemeinschaft besonders darauf angewiesen, immer wieder neue aktive Mitstreiter zu finden, zu gewinnen und erfolgreich in ihr Team zu integrieren. Gerade in der Zeit nach der Gründung, in der „Findungsphase“, hat dies auch bei der WGN zu den meist üblichen personellen Schwierigkeiten und damit zu entsprechenden Wechseln geführt. Mit fortschreitender Zeit aber ist aufgrund besseren Kennenlernens untereinander, zunehmender Erfahrung und Konkretisierung der Ziele der gemeinsamen Arbeit dies nicht mehr relevant.

Interkommunale Kooperation immer notwendiger

Trotz aller Konzentration auf die eigene Heimatgemeinde bestehen aber doch gewisse Abhängigkeiten von den Beschlüssen übergeordneter Gremien – wie z.B. Kreis-, Land- und Bundestag. So muss sich auch eine rein lokal orientierte Wählergemeinschaft mit diesen Beschlüssen bezüglich ihrer lokalen Wirkung auseinandersetzen. Ebenso sind im Rahmen der stark zunehmenden Finanzknappheit der Kommunen Kooperationen auf interkommunaler Basis ein immer notwendigerer Weg, um gleiche oder ähnliche Aufgaben gemeinsam und damit vor allem auch kostengünstiger zu lösen.

Deshalb hat die WGN als Konsequenz aus dieser Entwicklung auch die überörtliche Kooperation mit den Freien Wählern aus der Region mit Information und Meinungsaustausch bis hin zu gemeinsamen Anträgen für die jeweiligen Kommunalparlamente initiiert. Außerdem hat sie den Beitritt von Niedernhausen zum interkommunalen Bündnis „Idsteiner Land“ mit den Kommunen Idstein, Hünstetten, Waldems beantragt und mehrheitlich durchgesetzt. Sie beteiligt sich konsequenterweise aktiv an der weiteren Gestaltung und Intensivierung dieser Kooperation, die nach ihrer Auffassung für weitere Kooperationspartner offen sein soll – auch kreisübergreifend. Dies alles mit dem Ziel, dass es letztlich auch und vor allem der eigenen Heimatgemeinde zugute kommt.

Die WGN hofft, dass zunehmend möglichst viele Mitbürgerinnen und Mitbürger erkennen, dass eine lebens- und liebenswerte Gemeinde entscheidend auch von ihrem eigenen Engagement für sie und ihr Gemeinwesen abhängt und eine nur auf die kompromisslose Wahrnehmung und Verteidigung eigener Interessen gerichtete Einstellung dem Gemeinwohl in der Regel schadet. Aufeinander zugehen, eine möglichst für viele oder besser alle akzeptable Lösung der Probleme zu finden, ist ein wesentlicher Schritt zu einer Heimatgemeinde, die nicht nur Schlafort, sondern attraktiver Lebensmittelpunkt ist.