Windkraft

Fakten zur Windkraft im Einzugsbereich der Gemeinde Niedernhausen

Status dieser Information

Stand Februar 2021

Die Offenlegung des Planänderungsverfahrens durch das Regierungspräsidium Darmstadt ist seit dem 31.12.2020 abgeschlossen. Die Offenlegung der Planänderung erfolgte, um die Öffentlichkeit an den geänderten Planungen zu beteiligen. Während dieser Phase können Privatpersonen oder auch politische Gruppierungen Steillungnahmen, die für oder gegen die Planänderungen sprechen dem Regierungspräsidium einreichen. Seit 31.12.2020 ist diese Frist abgelaufen.

Das RP Darmstadt teilt auf telefonische Anfrage mit, dass es keine weiteren Einsprüche - weder seitens privater noch seitens politischer Organisationen - gegen die im Gemeindegebiet vorgesehenen Vorranggebiete gegeben hat. Insofern wird es für die Gebiete in und um Niedernhausen keine Änderungen mehr geben.

Es ist damit zu rechnen, dass Mitte 2021 die Regionalversammlung Südhessen erneut beschließen wird. Damit ist das Verfahren beim Regierungspräsidium abgeschlossen. Es verbleibt dann eine Frist von 12 Monaten ab Beschlussfassung, um beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel Klage gegen den erlassenen Beschluss einzureichen.

Rechtliche Grundlagen

Das Regierungspräsidium Darmstadt ist die federführende Behörde, die mit der Regionalplanung für Südhessen betraut ist. Vorranggebiete für Windkraftanlagen werden in der Regionalplanung ausgewiesen. Den rechtlichen Rahmen schaffen demokratisch herbeigeführte Beschlüsse der Regionalversammlung Südhessen, die von den vertretenen politischen Parteien beantragt und herbeigeführt werden.

Die aktuelle Beschlusslage per dato ist der Beschluss der Regionalversammlung Südhessen zur Drucksache Drs. Nr. IX / 17.13.8 vom 14.06.2019, im Text Beschluss oder ähnlich genannt. Dieser erging nach Bearbeitung der Stellungnahmen aus der 2. Beteiligung des ursprünglichen Entwurfes 2016.

Die Originalfassung des Beschlusses können Sie gerne hier einsehen:
Beschluss Regionalversammlung Südhessen

Es gibt darüber hinaus weitere Beschlüsse, die relevant sind. Diese sind im Wesentlichen:

  • Die Mindestgröße für ein Vorranggebiet ist auf 10 Hektar festgeschrieben
  • Auf einem Vorranggebiet müssen mindestens 3 Windenergieanlagen gebaut werden.

 

Welche Flächen gibt es im Umfeld der Gemeinde Niedernhausen?

In der nachfolgenden Karte, die dem aktuellen Beschluss der Regionalversammlung Südhessen entnommen ist, kann man die Flächen (Quelle: Beschluss Regionalvertretung Südhessen), die die Gemeinde Niedernhausen betreffen, gut entnehmen.

Vorrangflächen im Einzugsgebiet Niedernhausen

In der Karte blau schraffierte Vorrangflächen sind im Amtsdeutsch als "Vorranggebiete ohne Ausschlusswirkung innerhalb der Schutzbereiche um Einrichtungen der Deutschen Flugsicherung" ausgewiesen. Dies betrifft alle Gebiete im Einzugsgebiet der Gemeinde Niedernhausen.

 

Konkret heißt das für alle Vorrangflächen, dass der Bau von WEAs dort nur genehmigt werden wird, wenn die Zustimmung der Deutschen Flugsicherung hierzu vorliegt.

Es sind im Umkreis von Niedernhausen folgende Flächen für die Nutzung von Windenergieanlagen vorgesehen:

Nr. Fläche Name Lage Im Beschluss erwähnt
2-359 16,3 ha
Hohler Stein
Zwischen Oberjosbach und Oberseelbach gelegen
Seiten 61, 62, 84
2-384a 50,7 ha
Hohe Kanzel
Zwischen Engenhahn und Königshofen gelegen
Seiten 61, 62, 84
2-384 118,8 ha
Platte²
Zwischen Engenhahn-Wildpark und Wiesbaden auf
dem Taunuskamm gelegen.
Seiten 61, 62, 84
2-385 17,1 ha Hahnberg Zwischen Königshofen und Naurod gelegen Seite 84

¹ Unverbindliche, grobe Schätzung aus Ableitung bereits realisierter Projekte
² Die Fläche 2-384 ist die mit Abstand größte Fläche und gehört nur zu ca. 10% zum Niedernhausener Gemeindewald.

Klarstellung: Entgegen in der Öffentlichkeit teilweise kursierender Behauptungen ist die Fläche 2-359 nach wie vor als Vorrangfläche ausgewiesen. Korrekt ist, dass diese von ursprünglich 74,4 ha um 58,1 ha auf aktuell 16,3 ha verkleinert wurde. Als Gründe für die Flächenreduktion wird im Beschluß die Erdbebenmessstation Feldberg sowie der Artenschutz genannt. Die verbleibenden 16,3 Hektar stehen nach wie vor für die Verwendung zum Bau von WEA zur Verfügung, dies geht klar aus den aktuellen Beschlüssen der Regionalversammlung hervor und jeder kann es nachlesen.

Wem gehören die ausgewiesenen Vorrangflächen und wer entscheidet somit über deren Verwendung?

Nr. Fläche Name Lage Eigentümer
Anteil Gemeinde Niedernhausen
2-359 16,3 ha
Hohler Stein
Zwischen Oberjosbach und Oberseelbach gelegen
Eppstein, Gemeinde NDH (3,3ha)
20%
2-384a 50,7 ha
Hohe Kanzel
Zwischen Engenhahn und Königshofen gelegen
Idstein, Hessenforst,
Gemeinde NDH
Haupteigentümer ist Idstein,  prozentuale. Verteilung wird nachgereicht
2-384 118,8 ha
Platte²
Zwischen Engenhahn-Wildpark und Wiesbaden auf Taunuskamm gelegen.
Taunusstein, WBN
wird
nachgereicht
2-385 17,1 ha Hahnberg Zwischen Königshofen und Naurod gelegen Gemeinde NDH, Hessenforst
Haupteigentümer ist die Gemeinde NDH, nahe 100%, Details werden nachgereicht

Über die Verwendung der Flächen entscheidet der jeweilige Eigentümer, bei mehreren Eigentümern entscheiden diese gemeinschaftlich.

Ausmaße und aktueller Entwicklungsstand der Vorrangflächen

Die nachfolgende Tabelle (Quelle: Beschluss Regionalvertretung Südhessen) veranschaulicht den aktuellen Planungstand. Darin aufgeführt sind die ursprünglich bei der Planung im Jahre 2016 vorgesehenen Flächen, sowie die daran erfolgten Änderungen (Reduzierungen und Erweiterungen und deren Grundlage). Ebenfalls können aus der Tabelle die aktuell vorgesehen Fläche sowie die beteiligten Gemarkungen entnommen werden.

Entwicklungsstand und Ausmaße der Vorrangflächen

 

 

Wieviele Windräder sind auf den jeweiligen Flächen zu erwarten?

Es kommt auf mehrere Faktoren an. Diese sind:

  • die Ausrichtung zur Hauptwindrichtung, diese ist im hiesigen Gebiet Süd bzw Südwest
  • die Topographie
  • der Windschatten der anderen Anlagen
  • die geplanten Modelle
  • der Abstand der Anlagen zueinander. Vorgeschrieben sind hierbei
    in Hauptwindrichtung ein 5-facher Abstand relativ zur Größe der WEA sowie
    in Nebenwindrichtung (hier Nord und Ost) ein 3-facher Abstand relativ zur Größe der WEA

Berücksichtigt man die o.g. Parameter und andere Quellen (siehe Fußnoten), ergibt sich folgende Näherung bezüglich der Anzahl möglicher Windenergieanlagen auf den Vorranggebieten rund um Niedernhausen:

Nr.
Fläche
Name
Lage
mögliche
Anzahl WEA¹
2-359 16,3 ha
Hohler Stein
Zwischen Oberjosbach und Oberseelbach gelegen

2-384a 50,7 ha
Hohe Kanzel
Zwischen Engenhahn und Königshofen gelegen
5-7²
2-384 118,8 ha
Platte²
Zwischen Engenhahn-Wildpark und Wiesbaden auf
dem Taunuskamm gelegen.
10³
2-385
17,1 ha
Hahnberg
Zwischen Königshofen und Naurod gelegen

¹ Hier basiert die Schätzung einerseits auf der zur Verfügung stehenden Fläche sowie dem Umstand, dass gemäß den geltenden Bestimmungen mindestens 3 WEAs pro Vorranggebiet erstellt werden müssen.
² Großen Einfluss auf die Schätzung hat hier die topologische Beschaffenheit der Fläche. Die Windräder müssen hier mehr oder weniger in einer Reihe, auf dem Kamm stehen. Eine zweite Reihe ist dort eher nicht möglich und ebenfalls aufgrund des Gefälles kaum zu realisieren.
³ Dieser Angabe liegt die in 2012/13 von der ESWE vorgenommene Planung zugrunde.

Die Flächen werden i.d.R. maximal ausgenutzt um die Fixkosten auf möglichst viele WEA zu verteilen. Fixkosten sind: Avifauna-Gutachten (Naturschutz), Windgutachten, Genehmigungskosten, Anbindung an das Stromnetz, Zuwegung.

Welche Eingriffe in die Natur werden erforderlich?

Jede Windenergieanlage bedeutet auch einen Eingriff in die Natur. Folgende konkrete Maßnahmen müssen getroffen werden.

  • Zuwegung
    Als Zuwegung dienen die vorhanden Forstwege. Bei Bedarf werden diese verbreitert (ca. 1m) und aufgeschottert um eine höhere Traglast zu erreichen. Je nach WEA-Modell braucht es großen Kurvenradien. Es gibt WEA, die diese nicht benötigen, da entweder die Flügel geteilt sind oder diese in einer Kurve aufgerichtet werden können.
  • Schotterfläche
    Für eine WEA werden dauerhaft bis zu 3000 m² Schotterfläche benötigt um ggfs. einen Kran aufzustellen, der für Arbeiten an den Rotorblättern benötigt wird. Je nach Lage kann die Zuwegung dafür genutzt werden. Einige neuere Anlagen benötigen ca. 50% der Schotterfläche. Sie sind mit Kränen ausgestattet, die den Mast der Anlage mit integrieren und dafür konzipiert, die zu rodende Fläche entsprechend zu reduzieren. Weitere Rodungen, außer die für die Schotterfläche, sind nicht erforderlich.
  • Anbindung an das Stromnetz
    Die Anbindung einer oder mehrerer WEAs erfolgt direkt an das nächste Umspannwerk, große Parks haben meist eigene. Die dafür erforderlichen Aluminiumkabel werden parallel zur Zuwegung in einer Tiefe von ca. 110 cm verlegt und dann üblicherweise in den bereits vorhandenen Kabelschächten zum Umspannwerk weitergeführt. Die Kabelführung stellt somit einen zu vernachlässigen Eingriff in die Natur dar.
  • Fundamente
    Die Beton-Fundamente sind bis zu 3,5 Meter tief und innen hohl.

 

Mit welchen Beeinträchtigungen / Risiken muss gerechnet werden?

  • Lärm, Schattenschlag und Infraschall
    Alle Windvorrangflächen sind mind. 1000 Meter von der Bebauung entfernt. So sollen die o.g. Belastungen ausgeschlossen werden.
  • Blinken
    Das nächtliche Dauer-Blinken von WEAs ist zwischenzeitlich untersagt, alte Anlagen werden entsprechend umgerüstet. Zum Einsatz kommt ein Sender, der mit den Transpondern der Flugobjekte kommuniziert und die roten Blinkleuchten automatisch nur dann aktiviert, wenn sich ein Flugobjekt in einem Radius von 5-6 km der Anlage nähert.
  • Umweltverschmutzung bei Austritt von Betriebsmitteln
    Allerdings: Bei Verwendung von getriebelosen WEA (Enercon) gibt es kein Risiko dass Getriebeöl austreten könnte. Andere Betriebsstoffe sind umweltverträglich (Kühlmittel). Diese Betriebsmittel laufen bei einem Unfall in den Turm und werden im Fundament aufgefangen.

 

Wie groß sind die Windräder nach heutigem Stand der Technik?

Die bisher größten in Betrieb genommenen Anlagen haben eine Höhe von bis zu 240 Metern. Die Durchmesser der Rotoren von Anlagen dieser Größe beträgt bis zu 150 Meter, die Nabenhöhe (Mast) beträgt bis zu 160 Meter. Die Höhenangabe ist als Gesamthöhe zu verstehen, also die Summe aus Nabenhöhe plus Flügellänge.

Weitere Zahlen zu WEAs

Eine Anlage kostet heute ca. 5 Mio Euro.

Die Generatorleistung einer modernen Windkraftanlage beträgt derzeit ca. 4-6 Megawatt, also 4000 - 6000 KW, wenn die Anlage auf Volllast fährt.

Volllast wird ab einer Windgeschwindigkeit von ca. 12 m/s erreicht. Die Anlagen laufen bis zu maximalen Windgeschwindigkeiten von 25-30 m/s bevor sie - je nach Modell - zur Vermeidung von Überbelastung und damit verbundenen möglichen Schäden abgeschaltet werden. Es ist selten, dass Windräder in der hiesigen Umgebung wegen zu hoher Windgeschwindigkeiten abgeschaltet werden müssen. Ein Windrad dreht sich in ab einer Windgeschwindigkeit von ca. 3 m/s.

Die im Kreis vorherrschenden Windstärken finden sich auf den Seiten der Hessischen Vewaltungsbehörden.

Zur Umrechnung von m/s nach km/h:
1 m/s = 3,6 km/h. Am einfachsten rechnet man das, indem man m/s mit 4 multipliziert und vom Ergebnis 10% abzieht.

Welchen Einfluss hat die Gemeinde Niedernhausen auf die Nutzung der jeweiligen Flächen?

Ist die Gemeinde Eigentümer der Vorrangflächen, so entscheidet die Gemeindevertretung alleine und frei darüber, ob die als Vorranggebiete ausgewiesenen Flächen verpachtet werden. Falls ja, bestimmt sie frei den Pächter sowie den Pachtzins der Flächen. Sie hat demnach über die Verwendung die volle Kontrolle.

Bei Flächen, die die Gemeinde zusammen mit Hessenforst besitzt, wird Hessenforst gemäß den Erfahrungen der  Vergangenheit immer der Nutzung der Flächen durch WEAs zustimmen um entsprechenden Einnahmen zu generieren.

Welche Wertschöpfung wird dort erzielt?

Das hängt vom gewähltem Model ab.

Eine Variante dabei ist es die in Besitz befindlichen Flächen zu verpachten und diese einem externen Betreiber zu überlassen.
Derzeit ist es so, dass große Energieversorger bis zu 21% der Stromerträge als Pachtzins anbieten. Die dafür aufgewendeten Kosten gehen dabei vollständig zu Lasten des Betreibers.

Eine andere Variante ist es, wenn die Gemeinde selbst als Betreiber auftritt. In diesem Fall werden die erwirtschafteten Gewinne der Anlage vollständig an den Betreiber ausgeschüttet. Über Beteiligungen an der Betreibergesellschaft besteht die Möglichkeit, dass sich interessierte Bürger als Investoren einbringen.

Betreffend den Stromertrag kann davon ausgegangen werden, dass eine moderne WEA in unserer Region in etwa 8 Mio kWh Strom pro Jahr generieren wird. Laut Energiekonzept der Gemeinde Niederhausen aus dem Jahre 2014 ist der Stromverbrauch für die Gemeinde im Jahre 2011 mit 44.500 MWh (Megawattstunden = 44.500.000 KWh) angegeben. Es wird dort für die Zukunft ein fallender Strombedarf prognostiziert, was Stand heute aufgrund politischer Weichenstellungen (Elekromobilität, Wärmepumpen, usw.) zumindest fraglich erscheint.

Genehmigungsverfahren und Voraussetzung für die Errichtung von Windenergieanlagen

Bevor eine Genehmigung zur Errichtung einer WEA erteilt wird, ist ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren zu durchlaufen. Im Rahmen dieses Verfahrens wird bei den Flächen, die das Gemeindegebiet betreffen, auch stets die Genehmigung der Deutschen Flugsicherung einzuholen sein, da die Flächen ausnahmslos entsprechend ausgewiesen sind.

Naturschutz

Im Rahmen der Genehmigung und um dem Naturschutz Rechnung zu tragen ist ebenfalls ein sog. Avifauna-Gutachten zu erstellen. Basis dieses Gutachtens ist eine 2-jährige Untersuchung der Tierwelt und Fauna. Daraus werden die für den Betrieb erforderlichen Auflagen definiert, z.B. betreffend Fledermäusen und heimischen Vogelarten. Gemäß aktuellen Auflagen müssen die Anlagen bspw. abgeschaltet werden, wenn Kraniche sich ankündigen und das Gebiet überflogen werden könnte.

Darüber hinaus resultieren aus dem naturschutzrechtlichen Gutachten Ausgleichsmaßnahmen, die den Verlust an Flora und Fauna kompensieren sollen. Diese Auflagen beinhalten unter anderem bspw. Waldaufforstungen.

Bekannte Vorkommen windkraftsensibler Arten (z.B. Rotmilan, Schwarzstorch) wurden bei der Festlegung der Vorrangflächen schon berücksichtigt. So geht der Hinweis „Naturschutz“ bei der Weisfläche Nickel auf einen Schwarzstorchhorst bei Ehlhalten zurück.

Begriffsdefinitionen

  • TPEE - Teilplan Erneuerbare Energien
  • WEA - Windenergieanlage
  • Vorrangfläche - Fläche, die für die Windergiegewinnung besonders geeignet und für Standorte von WEAs ausgewiesen ist.
  • Weißfläche - Fläche, die prinzipiell eine Vorrangfläche ist, für die jedoch keine WEA geplant und ebenfalls nicht vorgesehen ist.
  • 1 ha = 1 Hektar = 10.000 m²
  • 1 m/s = 3,61 km/h